Plenarwoche im Hessischen Landtag: ROCK: Hessen braucht einen krisenfesten und zukunftssicheren Haushalt

20.12.2020
  • Landesregierung hat keinen Kompass für die Zukunft
  • Haushalt 2021: Grünes Ausgabenprogramm statt Zukunftsinvestition
  • Polizeieinsatz im Dannenröder Forst verdient Sonderprämie
  • Verödung stoppen: Attraktive Innenstädte bedeuten Lebensqualität
  • Datenschutz ist Schutz des Menschen

WIESBADEN – Die letzte Landtagssitzungswoche des Jahres 2020 war voll von Tagesordnungspunkten, kritischen Zukunftsentscheidungen und leidenschaftlichem Ringen um die Zukunft Hessens.  Im Zentrum standen die Regierungserklärung des Hessischen Ministerpräsidenten und die Debatte über Haushaltsgesetz 2021. Die Maßnahmen gegen das Corona-Virus und ihre Konsequenzen, gerade für Wirtschaft und Bildung, waren als Hintergrund in allen Haushaltsplänen und Anträgen deutlich spürbar.

„Der Ministerpräsident und seine Landesregierung haben keinen Kompass für die Zukunft, denn sonst hätten wir einen krisenfesten und zukunftssicheren Haushalt diskutiert und nicht grüne Wohlfühlprogramme aus dem Corona-Sondervermögen und ständig wechselnde Lockdown-Maßnahmen, die ihre Wirkung verfehlen“, konstatierte der Vorsitzende der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, René ROCK. Während Ministerpräsident Bouffier als Landesvater um Verständnis und Unterstützung für seine Strenge warb, kritisierte Rock in der Generaldebatte die Salamitaktik einer hilflos wirkenden Regierungskoalition und forderte eine Rückkehr zur Eigenverantwortung statt weiterer harter Lockdown-Maßnahmen zum Schaden aller in der Gesellschaft. „Der Teil-Lockdown hat nicht gewirkt, die Landesregierung muss endlich ihre Komfortzone verlassen und Verantwortung für die Krise übernehmen“, forderte Rock und bot zwei Optionen an: „Die erste Möglichkeit ist ein knallharter Lockdown wie im Frühling. Allerdings gibt es keine Garantie, dass er wirkt und den erhofften Rückgang der Infektionszahlen bringt. Und sollte er wirken, ist nicht sicher, dass wir wenige Wochen nach dem Lockdown wieder in der gleichen Situation sind wie jetzt“, sagte Rock. „Wir Freie Demokraten halten die zweite Option für zielführender: besonders gefährdete Personen schützen und auf die Eigenverantwortung der Menschen setzen. Wir erwarten eine Teststrategie, die den Schwerpunkt auf die Altenheime legt. Dort sind die Menschen besonders schutzbedürftig, ebenso in den Krankenhäusern, in Unterkünften für Asylbewerber und in Wohnheimen. Dort müssen wir ansetzen, nicht bei der Einschränkung wirtschaftlicher Aktivitäten oder von Sport oder Arztbesuchen.“

Die Erwartungen an eine erfolgreiche Impfung gegen Covid-19 ist groß: „Die Kreise und kreisfreien Städte haben die Impfzentren vorbereitet und eingerichtet. Die Landesregierung ist jetzt in der Pflicht, sowohl die Kommunen zu unterstützen als auch die Menschen zum Impfen zu motivieren. Dazu gehört auch eine professionelle Information über die Wirkung der Impfung selbst ebenso wie über die Frage, wer sich wann wo impfen lassen darf. Die Impfstrategie muss funktionieren, wenn wir zurück in die Normalität wollen. Es ist schwer nachzuvollziehen, dass ein in Deutschland entwickelter und womöglich hergestellter Impfstoff in Großbritannien verimpft wird, wir aber in Deutschland aufgrund der EU-Prüfung bis Januar warten müssen,“ kritisierte Rock.

Die zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Hessen für das Haushaltsjahr 2021 stand ganz im Schatten der Corona-Krise. „Das ganze Land ist im Krisenmodus und es stellt sich die Frage, ob die Regierung noch Herr der Lage ist und wer am Ende für die Kosten aufkommt. Denn der Haushalt, den der Finanzminister aufgestellt hat, ist weder krisenfest noch zukunftsorientiert“, kritisierte Rock die extensive Ausgabenpolitik von Schwarz-Grün mit immer mehr Personalstellen, deren Ausgaben den Haushalt über Jahrzehnte binden. „Mit dem kreditfinanzieren sogenannten Sondervermögen finanziert sie im übrigen leider nicht nur Ausgaben zur Bewältigung der Corona-Krise, sondern auch grüne Lieblingsprojekte wie Fahrradabstell-Anlagen und die energetische Sanierung von Forsthäusern. Das Ergebnis ist, dass die Verschuldung Hessens explodiert. Eine Politik, die rechnen kann, sieht anders aus.“

Ein krisenfester Haushalt muss nach Rocks Überzeugung Bildung und Wirtschaft besonders in den Blick nehmen. „Ein krisenfester Haushalt würde eine Bildungs- und Betreuungsgarantie ebenso sicherstellen wie die Ausstattung von Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern mit digitalen Endgeräten, und er würde auch ausreichend Mittel für eine funktionsfähige Lehr- und Lernplattform vorsehen“, erklärte Rock. In Bezug auf die Situation der hessischen Wirtschaft betonte er: „Wir stecken mitten in der größten Wirtschaftskrise seit 1949, doch der zuständige Minister hat davon noch nichts mitbekommen.“ Weder zum Flughafen noch zur hessischen Industrie und dem Finanzplatz Frankfurt habe Tarek Al-Wazir sich geäußert, und sein Hessen-Plan blende die Wirtschaft aus. Um die Wirtschaft krisenfest zu machen, müssten zum Beispiel Solo-Selbststände adäquat entschädigt werden. „Wir Freie Demokraten haben früh ein Corona-Hilfegesetz vorgelegt, doch Bund und Land haben Zeit verstreichen lassen und es werden Existenzen zerstört“, erinnerte Rock.

Auch sonst vermisste Rock im Haushaltsentwurf Zukunftsorientierung in allen wesentlichen Politikfeldern. „In der Energiepolitik macht Hessen durch höhere CO2-Emissionen Rückschritte beim Klimaschutz. Während alle Welt auf die Zukunftstechnologie Wasserstoff setzt, hat Hessen noch nicht mal eine Strategie“, ärgerte sich Rock. „Im Verkehrsministerium werden neue Stellen geschaffen, aber keine neuen Straßen, und der Verkehrsminister stellt das Zukunftsprojekt A 49 infrage. In Bezug auf die digitale Transformation präsentiert sich die zuständige Ministerin ambitionslos, und auch für die Schulen liefert diese Landesregierung keine Ideen für den Übergang ins digitale Zeitalter. Schlecht sieht es darüber hinaus für die Kitas aus: Seit Jahren gibt es keine Verbesserungen bei der Qualität“

Die Räumungsarbeiten im Dannenröder Forst zur Fortsetzung der Rodungsarbeiten für den Weiterbau der A 49 sind diese Woche vorläufig zu Ende gegangen, die letzten Baumhäuser wurden entfernt. „Was die Polizei hier gegen teilweise gewalttätige Aktivisten und Ausbaugegner leistete, ist außerordentlich“, sagte Rock. „Aber bloße Worte als Anerkennung für die Polizeibeamtinnen und -beamten reichen nicht aus. Trotz all dieser Widrigkeiten haben sich die Beamtinnen und Beamten fast ausnahmslos vorbildlich verhalten und sehr professionelle Arbeit geleistet. Wir fordern daher für Hessens Polizistinnen und Polizisten eine steuerfreie Sonderprämie in Höhe von 300 Euro, um die besondere Belastung auch finanziell zu würdigen. Dieser Ausdruck der Wertschätzung ist mehr als angemessen, wenn man bedenkt, wie stark die Polizei in diesem Jahr gefordert war, auch zum Schutz der Castor-Transporte und insbesondere aufgrund der Corona-Pandemie. Die Rodungsarbeiten sind zwar abgeschlossen, doch der Einsatz der Polizei ist noch nicht vorbei. Die Extremisten und ihre Vorfeldorganisationen haben bereits angekündigt, weiter Widerstand zu üben. Wenigstens jetzt sollte der Landtag der Polizei geschlossen Rückendeckung geben.“

Die Herausforderungen des stationären Einzelhandels in den hessischen Innenstädten werden durch die diversen Einschränkungen oder Schließungen im Rahmen der Corona-Bekämpfung akut verschärft. Massive Einkommensverluste und Geschäftsaufgaben sind die Folge. Der Boom des Online-Handels wird verstärkt. Eine Wiederbelebung der Innenstädte durch florierenden Einzelhandel, lebendige Gastronomie und ein attraktives Kulturangebot ist derzeit nicht in Sicht. Die Freien Demokraten legten deshalb ein Gesetz zur befristeten Flexibilisierung der Sonntagsöffnung während der Corona-Pandemie und einen dringlichen Antrag zur Attraktivität der Innenstädte vor. „Wir können nicht zusehen, wie unsere Innenstädte veröden“, unterstrich Rock. „Wir wollen möglich machen, dass der Einzelhandel bis Mitte 2022 an vier Sonntagen im Jahr ohne Anlassbezug öffnen darf, darunter auch an zwei Adventssonntagen im Jahr 2021. Verkaufsoffene Sonntage sind für die Gewerbetreibenden eine gute Möglichkeit, die Folgen der Corona-Krise abzumildern und gleichzeitig für sich zu werben“, betonte Rock. Darüber hinaus forderten die Freien Demokraten die Landesregierung auf, den Strukturwandel mit langfristigen, zukunftsgerichteten Maßnahmen zu begleiten. „Dafür müssen die Mittel zur Belebung von Innenstädten und Ortskernen von 40 Millionen Euro auf 60 Millionen Euro aufgestockt werden. Mit diesen Mitteln könnte zum Beispiel ein Innenstadt-Marketing eingeführt oder professionalisiert sowie Investitionen in digitale Vertriebswege des stationären Handels gefördert werden. Außerdem benötigen Kommunen und Private finanzielle Unterstützung, wenn sie die Innenstädte attraktiver gestalten wollen. Auch Auflagen und Hindernisse sollten reduziert werden, damit insgesamt mehr Aktivitäten, Feste und Märkte in den Innenstädten stattfinden können.“

In der Dezember-Plenarwoche legte der hessische Datenschutzbeauftragte, Professor Dr. Michael Ronellenfitsch, dem Hessischen Landtag den Datenschutzbericht für das Jahr 2019 vorgestellt. Es war die letzte Vorstellung durch Ronellenfitsch, denn der 75 Jahre alte Jurist scheidet in wenigen Monaten aus seinem Amt aus. In seiner Rede wies der Experte noch einmal auf die Bedeutung hin, Datenschutz und Informationsfreiheit auch als Teil der Gewaltenteilung in einer Demokratie zu sehen. Rock würdigte die große Leistung des Datenschutzbeauftragen für Hessen. „Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch hat den Datenschutz 17 Jahre lang mit Scharfsinn, Klugheit und einer gehörigen Portion feinsten Humors begleitet. Sein Engagement galt auf der einen Seite dem föderalen System der Bundesrepublik Deutschland und der Vermeidung einer zu starken Zentralisierung von Daten. Auf der anderen Seite hat er immer wieder eingefordert, den Datenschutz als Instrumentarium der Gewaltenteilung in unsere Demokratie zu integrieren. Datenschutz ist für ihn Schutz des Menschen. Dafür gilt ihm unser herzlichster Dank.“ In der gleichen Plenarsitzung wurde Prof. Dr. Alexander Roßnagel zum neuen Datenschutzbeauftragten in Hessen gewählt. Rock gratulierte zur Wahl: „Ich freue mich, dass wir hier in Hessen einen so renommierten Experten für Informationsfreiheit und den Schutz unserer Daten wählen konnten. Wir wollen die Digitalisierung zum Nutzen der Menschen gestalten, nicht um sie zu überfordern, zu kontrollieren oder gar manipulieren. Hier ist ein scharfes juristisches Auge sehr wichtig. Die Freiheit, sich zu informieren, geht Hand in Hand mit dem Schutz unserer Daten. Nur so kann Digitalisierung in einer Demokratie gelingen.“