Außerordentliche Plenarsitzungen im Hessischen Landtag: ROCK: Traurige Tage für die Demokratie in Hessen
In drei Sondersitzungen am 30. Juni, 2. und 4. Juli 2020 hat der Hessische Landtag erneut die Ausgestaltung des finanziellen Hilfspakets zur Milderung der wirtschaftlichen Auswirkungen des Corona-bedingten Lockdowns diskutiert und durchgreifende Veränderungen der Haushaltslage des Bundeslandes Hessen beschlossen. In drei Schritten peitschte die Hessische Landesregierung aus CDU und Grünen eine noch nie dagewesene Verschuldung des Landes durch.
Zunächst stand am 30. Juni 2020 das Ausführungsgesetz, das Artikel-141-Gesetz, zur Schuldenbremse zur Debatte. Es legt fest, dass eine Zweidrittelmehrheit des Hessischen Landtags nötig ist, um trotz der Schuldenbremse neue Kredite aufnehmen zu können. 12 Milliarden Euro, finanziert durch neue Kredite, soll allein das Sondervermögen umfassen, mit der CDU und Grüne bis zum Ende der Wahlperiode, also 2023, freie Hand haben will. Freie Demokraten und SPD bevorzugten mit Blick auf die in der Hessischen Verfassung verankerte Schuldenbremse Nachtragshaushalte, die jedes Mal vom Parlament neu verabschiedet werden müssen. Der Opposition reichten zunächst zwei Nachtragshaushalte mit einem Gesamtvolumen von 5 Milliarden Euro.
Am 2. Juli 2020 wurde dann in der Plenarsitzung die Änderung des Ausführungsgesetzes mit 68 Stimmen zu 57 Stimmen mit 9 Enthaltungen angenommen und zum Gesetz erhoben. „Heute ist ein trauriger Tag. Für die Bürgerinnen und Bürger in Hessen und für die Demokratie in unserem Land. Was Sie heute getan haben, schädigt die politische Kultur in unserem Land nachhaltig“, unterstrich der Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten, René ROCK. „Die Idee hinter der Zwei-Drittel-Hürde war, dass neue Schulden in einer besonderen Notlage nur mit einer besonders breiten Zustimmung des Parlaments möglich sein sollten. Wenn die CDU im Handstreich diese beseitigt, weil sie ihrem Schattenhaushalt im Wege steht, dann ist das eine politische Bankrotterklärung, ja, ein Wortbruch, ein Armutszeugnis. Wir sind als Freie Demokraten mehrfach auf Sie in den Gesprächen zugegangen, aber Sie wollten nicht. Es geht Ihnen um Macht, um die Umsetzung einer grünen Wunschliste, nicht um Wohlstand, Marktwirtschaft und Selbstbestimmung. Mit der heute beschlossenen faktischen Abschaffung der Schuldenbremse in Hessen versündigen sich CDU und Grüne an den zukünftigen Generationen. Gerade das, was Schwarz-Grün mit dem Sondervermögen vorhat, nämlich Schuldenaufnahme weit über das, was Corona betrifft hinaus, wollten CDU und FDP seinerzeit mit der Einführung dieser hohen Hürde verhindern. Dass jetzt ausgerechnet die CDU das aus reinem Machtkalkül wieder abschafft, macht uns Freie Demokraten schlicht fassungslos. Dieser Wortbruch der CDU wiegt schwer und wir werden rechtlich genau prüfen, ob der geplante Schuldenfonds und die Erklärung der Notsituation für vier Jahre in Folge mit der Verfassung vereinbar sind.“
Mit Hilfe der neuen Regeln konnten dann in Schritt 2 und 3 am 4. Juli 2020 das zwölf Milliarden Euro schwere Corona-Sondervermögen sowie ein weiterer Nachtragshaushalt den Landtag passieren. Zunächst wurde durch die Mehrheitsstimmen der Regierungskoalition in der dritten Lesung der Gesetzentwurf der Landesregierung, das Gesetz über das Sondervermögen „Hessens gute Zukunft sichern“ (Gute-Zukunft-Sicherungsgesetz – GZSG) verabschiedet. Mit dem GZSG wird jenes Sondervermögen eingerichtet, das die Opposition so entschieden ablehnte. Für das Sondervermögen wurde eine Kreditermächtigung von bis zu 12 Milliarden Euro erteilt. Ausgaben aus dem Sondervermögen können bis Ende 2023 geleistet werden. „Für die Bewältigung der Folgen des Corona-Ausbruchs hätten Nachtragshaushalte völlig ausgereicht“, kommentierte Rock das Vorgehen von Schwarz-Grün. Die Landesregierung möchte nach eigenen Angaben Hessen ökologischer und digitaler machen und die Gesellschaft zusammenhalten. Darunter kann man viel verstehen, aber mit der erforderlichen Notsituation hat das absolut nichts zu tun.“
Zusätzlich verabschiedete der Landtag erneut mit den Stimmen von CDU und Bündnis90/Die Grünen ein zweites Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2020. Dieser erneute Nachtragshaushalt in Höhe von knapp 1,7 Milliarden Euro Kreditaufnahme soll bis Ende des Jahres gelten.
„Das Land Hessen hat heute einen spektakulären Sonderweg eingeschlagen und unsere Schulden mit einem Schlag um ein Drittel auf über 55 Milliarden Euro erhöht“, fasste Rock zusammen. „Damit lasten CDU und Grüne kommenden Generationen eine schwere Bürde auf. Unsere Zukunft wird keinen Gestaltungsspielraum mehr haben. Die Freien Demokraten sind über diesen Übergang in die Schattenwelt entsetzt. Er ist verantwortungslos. Statt eines soliden, rechtssicheren und soliden Haushalts, der durch Nachtragshaushalte ergänzt wird, wie wir das zusammen mit der SPD in einem Hilfspakt von zusammen 4,5 Milliarden Euro geschnürt hatten, schafft sich die Koalition Wahlgeschenke für die Landtagswahl 2023. Wir brauchen keine Wärmedämmung, sondern konkrete Hilfen für unsere Wirtschaft. Es gibt keinerlei rechtliche Argumente für dieses Vorgehen. Diesem Sondergesetz fehlt der zeitliche Zusammenhang und der unmittelbare Zweck. CDU und Grüne haben die Rechte des Parlaments geschliffen und das Verfassungsrecht gedehnt.“